08.07.2017, 18:09
Schade, dass Serge nicht dabei sein konnte:
Gewalt gucken, wie geil!
Zitat:Schaulustige bestaunen die Krawalle in Hamburg. Für sie ist die Gewalt ein unterhaltsames Spektakel, begeistert machen sie Selfies, manche lassen sich gar zu Straftaten verleiten. Courage beweisen nur wenige.
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Auf der großen Kreuzung und in den Straßen rundherum im Hamburger Schanzenviertel spielen sich absurde Szenen ab. Vermummte laufen mit Steinen und Flaschen in der Hand durch Gruppen von Demonstranten und Schaulustigen, die Menge duldet sie wohlwollend. Nur wenn Autonome Steine oder Flaschen werfen und dabei zu nahe an die Zuschauer geraten, weichen diese zurück - aus Angst vor der Rache der Wasserwerfer.
Hunderte sind gekommen, womöglich sogar Tausende, darunter viele friedliche Aktivisten und Anwohner, aber eben auch offensichtliche Ausflügler in Flipflops und mit Sonnenbrille, mit Kindern an der Hand oder mit Hund an der Leine, ausländische Touristen und junge Männer mit Strohhüten - teilweise kippt die Stimmung ins Ballermanneske: Ein paar Hundert Meter entfernt zieht friedlich eine große Fahrraddemo über den Kleinen Schäferkamp, ein offensichtlich Besoffener grölt vom Gehweg aus zwei vorbeifahrenden jungen Frauen hinterher: "Ausziehen! Zeig mal Titten!" Party People. Und das vor der futuristisch-aufregenden Kulisse von Wasserwerfern, Räumpanzern und Hunderten Polizisten.
Der Dönerladen beim Neuen Pferdemarkt macht auch sonst ein gutes Geschäft, an Sommerabenden versammeln sich hier viele vor allem junge Leute. In diesen Tagen dürfte sein Umsatz deutlich höher ausfallen. Viele Schaulustige lassen sich auf den Holzbänken vor dem Laden nieder, essen und kommentieren das Geschehen mit ihren Freunden, fachsimpelnd wie bei einem Bundesligakick. Vor der naheliegenden Apotheke hat einer ein Fernglas dabei, mit dem er aus sicherer Distanz, etwa 40 Meter, sicherstellen will, auch ja nichts von der heißen Action zu verpassen.
Unweit vom Neuen Pferdemarkt gehen erste Barrikaden in Flammen auf, Menschen machen Selfies mit Feuerkulisse, sie jubeln den Autonomen zu; es ist, man muss das ohne falsche moralische Empörung feststellen, eine Art pervertiertes Freilufttheater hier, regelrechte Gewaltfestspiele, Protest dagegen regt sich nur vereinzelt. Ein paar Mädchen posieren für Fotos mit Bierflasche vor der österreichischen Spezialeinheit Wega. Ob sie - oder die anderen Krawallzuschauer - womöglich die Beamten behindern? Who cares.
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Gewalt gucken, wie geil!