17.04.2017, 15:28
Maylin tut leider so, als würde sich in der Architektur der türkischen Staates kaum etwas ändern. Hier ein paar Fakten:
Das türkische Sultanat
Zitat:Laut Verfassung übt der türkische Präsident derzeit weitgehend repräsentative Funktionen aus, er hat jedoch mehr Befugnisse als etwa der Bundespräsident. Mit den Verfassungsänderungen würde er zum Chef der Exekutive. Abgeschafft werden sollen mit der Streichung von Artikel 109 der Posten des Ministerpräsidenten und der Ministerrat; der neu gefasste Artikel 104 regelt, dass der Staatspräsident Vizepräsidenten und Minister berufen und entlassen soll. Die Minister wären nicht mehr gegenüber dem Parlament verantwortlich, sondern nur gegenüber dem Staatspräsidenten.
Aufgehoben werden soll zudem der Artikel 162, der dem Ministerrat das Recht gibt, den Staatshaushalt dem Parlament vorzulegen; stattdessen sieht der neue Artikel 161 vor, dass der Staatspräsident den Entwurf des Staatshaushalts vorlegt. Durch Änderungen der Artikel 104, 117 und 118 soll die Verantwortung für die nationale Sicherheitspolitik vom Ministerrat auf den Staatspräsidenten übertragen werden. Künftig soll nicht mehr das Parlament den Ausnahmezustand ausrufen, denn der Artikel 120 soll gestrichen werden. Nach dem neuen Artikel 119 kann das nur noch der Staatspräsident tun.
(...)
Der Staatspräsident soll darüber hinaus einen Zugriff auf die Legislative bekommen, der dem Gedanken der Gewaltenteilung widerspricht. Die Neufassung des Artikels 105 würde dem Parlament das Recht nehmen, Minister mündlich zu befragen; die Abgeordneten könnten lediglich schriftliche Fragen einreichen. Gestrichen werden soll der Artikel 110, der bei dem Antritt einer neuen Regierung ein Vertrauensvotum durch das Parlament vorsieht; mit der Abschaffung von Artikel 109 wird auch kein Misstrauensvotum gegenüber der Regierung mehr möglich sein.
Bisher ist es die wichtigste Aufgabe des Parlaments, neue Gesetze oder Änderungen bestehender Gesetze zu beschließen; so steht es im Artikel 87. Künftig soll das Parlament keine Dekrete mehr mit Gesetzeskraft verabschieden können; der Staatspräsident soll jedoch durch die Neufassung des Artikels 104 das Recht bekommen, per Dekret zu regieren und Durchführungsbestimmungen für Gesetze zu erlassen. Gravierend ist ebenfalls die Streichung des Artikels 101, der vorschreibt, dass der Staatspräsident keiner politischen Partei angehören darf. Da die türkischen Parteien – außer der prokurdischen HDP – keine innerparteiliche Demokratie kennen und der Vorsitzende bei nationalen und regionalen Wahlen allein über die Kandidaten der Partei entscheidet, könnte Erdogan die Zusammensetzung der AKP-Fraktion bestimmen.
Die Neuregelungen des Verhältnisses des Präsidenten zur Judikative setzen zudem die Gewaltenteilung weiter außer Kraft. Das Kontrollorgan der türkischen Justiz ist der Hohe Rat der Richter und Anwälte. Dieser Rat entscheidet über die Besetzung aller Richter- und Anwaltsstellen. Bisher setzt sich der Rat laut Artikel 159 aus 22 Mitgliedern zusammen: Der Staatspräsident ernennt drei, das Parlament sieben, weitere sieben werden durch ein Selbstverwaltungsorgan berufen, der Justizminister und sein Staatssekretär gehören qua Amt dem Rat an.
In der Neufassung des Artikels gehören der Justizminister und sein Staatssekretär weiter dem Rat an, der auf 13 Mitglieder verkleinert wird. Der Staatspräsident ernennt nun vier Mitglieder, das Parlament sieben. Somit bestimmt die Parlamentsmehrheit über den gesamten Rat. Geschwächt würde zudem die Stellung des Verfassungsgerichts und des Staatsrats.
Das türkische Sultanat