18.10.2016, 18:00
(18.10.2016, 17:47)bbuchsky schrieb: Das ist doch kein Wunder, dass einer von denen, die dieses Urteil gefällt haben, keinen Spaß an der Widerlegung haben.
So einfach ist es nicht; er schreibt noch weiter:
Zitat:Tatsächlich könnte die Lösung des Falls wie folgt gehen: Die Tötung ist selbstverständlich rechtswidrig (außer der des Terroristen; die ist durch Nothilfe gerechtfertigt). Wer über die Begründung von "Menschenwürde" nachgedacht hat, und über den Zusammenhang von Würde und Gerechtigkeit, weiß das. Das soll hier nicht ausgeführt werden, denn das Bundesverfassungsgericht hat dazu das Gültige gesagt, und wer zu faul ist, das nachzulesen, sollte sich nicht aufplustern mit der Behauptung, er stimme dem nicht zu.
(...)
Was für Herrn Piloten Koch "gerecht" ist, finden wir ebenfalls im Recht: Es könnte ein "Entschuldigungsgrund" vorliegen, der sich in einer entsprechenden Anwendung des Paragrafen 35 Strafgesetzbuch findet:
"Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit eine rechtswidrige (!) Tat begeht, um die Gefahr von sich, einem Angehörigen oder einer ihm nahestehenden Person abzuwenden, handelt ohne Schuld. (…)"
Schuldlosigkeit des einzelnen trotz Rechtswidrigkeit seiner Tat, auf der Grundlage einer umfassenden Bewertung seiner individuellen (!), persönlichen (!) Lage und der Zumutbarkeit (!) rechtmäßigen Verhaltens. Das ist die Möglichkeit, die das Recht (!) bietet und nahelegt. In der Strafrechtswissenschaft heißt die Lösung "übergesetzlicher Notstand". Er ist an enge rechtliche (!) Voraussetzungen gebunden und entschuldigt den konkreten Täter, obwohl seine Handlung rechtswidrig ist. Pilot Koch könnte also, wenn die Voraussetzungen vorliegen, ohne weiteres freigesprochen werden.
Das Theaterstück, der Film und das TED-Spielchen suggerieren dem Zuschauer eine rechtliche Regelungslücke, die es gar nicht gibt. Und das ist das Problem, dass der Normalzuschauer das nicht weiß. (Wer es weiß, sieht sich normalerweise keine solchen Filme an, und bei so einem TED-Spielchen im Fernsehen mitzumachen, wäre vermutlich das Letzte, was so jemand in seinem Leben tun würde.) Und dann kommen natürlich populistische Politiker daher und stoßen mit Forderungen nach mehr Bundeswehr im Inneren usw. in diese angeblichen Regelungs- und "Sicherheitslücken". Solche Machwerke bereiten den Boden für reaktionäre Politik.
Vermutlich wäre der Pilot auch vor einem realen Gericht freigesprochen worden, mit obiger Begründung. Nicht aus einem reinen "Bauchgefühl" heraus. Und das unterscheidet ein rechtsstaatliches Verfahren von Lynchjustiz, wie du sie anscheinend gutheißt.