04.10.2020, 14:21
Es ist mir nun schon ein Bedürfnis, das oben Gesagte richtigzustellen: Macron sagt natürlich nicht "dem Islam" den Kampf an, sondern dem radikalen Islam, dem sogenannten Islamismus.
Macron hatte das Vorhaben bereits mehrfach angekündigt, zuletzt aber wegen Corona verschoben. Das Besondere an seiner Rede ist, dass er auch die Versäumisse der französischen Regierungen in der Vergangenheit anspricht und einen Weg in die Zukunft weist. Es geht also nicht um die Ausgrenzung der muslimischen Minderheit im Land, sondern um deren Integration in die französische Gesellschaft.
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Macron hatte das Vorhaben bereits mehrfach angekündigt, zuletzt aber wegen Corona verschoben. Das Besondere an seiner Rede ist, dass er auch die Versäumisse der französischen Regierungen in der Vergangenheit anspricht und einen Weg in die Zukunft weist. Es geht also nicht um die Ausgrenzung der muslimischen Minderheit im Land, sondern um deren Integration in die französische Gesellschaft.
Zitat:Es war ein „Weckruf“, eine historische Rede, die Frankreichs Präsident gehalten hat. Macron kündigt ein Gesetz gegen religiöse „Separatismen“ an, das vor allem auf radikale Formen des Islam zielt. Und das Potenzial hat, Frankreich zu verändern.
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Seit Jahren wird das Problem in Frankreich kontrovers debattiert. Politiker, Intellektuelle, Sozialwissenschaftler, aber auch einfache Bürger liefern sich harte ideologische Gefechte. Macron ist am Freitag deshalb ein intellektueller Drahtseilakt gelungen: Er ist weder in die Falle von Rechtspopulisten und Identitären getreten, die den Islam insgesamt mit Frankreichs Werten für unvereinbar halten, noch in die von Linksideologen, die jede Kritik am Islam als Islamophobie brandmarken.
Stattdessen hat er ein weitreichendes und überfälliges Gesetzesprojekt angekündigt: Von der Finanzierung der Moscheen, der Ausbildung der Imame über die weitreichende Kontrolle von religiös geprägten Kultur- und Sportvereinen bis hin zum grundsätzlichen Verbot des Heimunterrichts soll ein Fächer von Gesetzesänderungen islamistischen Ideologen, die bislang unbehelligt Schüler und Jugendliche indoktrinieren konnten, den Boden unter den Füßen wegziehen.
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Es ist nicht übertrieben, Macrons Rede als historisch und das angekündigte Gesetz gegen den religiösen Separatismus als wegweisend zu bezeichnen. Historisch ist seine Rede, weil zum ersten Mal ein französischer Präsident Frankreichs Probleme mit dem radikalen Islamismus auch als Folge einer komplexen historischen Gemengelage, nämlich einer postkolonialen Gesellschaft bezeichnet, die ihre historischen Traumata wie den Algerienkrieg nicht aufgearbeitet hat.
Zugleich hat er das Versagen der französischen Republik benannt: „Wir haben den Separatismus selbst geschaffen“, sagte Macron, weil Frankreich die „Gettoisierung“ zugelassen, ganze Bevölkerungsgruppen nach Herkunft und sozialem Milieu getrennt und ausgesperrt und dadurch Problemviertel geschaffen habe.
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Zum Abschluss plädierte Macron für einen „Islam der Aufklärung“. Frankreich müsse sich zum akademischen Exzellenzzentrum der islamischen Kultur, Geschichte und Religion entwickeln. Er kündigte zehn Millionen Euro für die Fondation de l’Islam de France und die Schaffung eines wissenschaftlichen Instituts der Islamwissenschaften an. Man werde den radikalen Islam, der in Jahrzehnten gewachsen ist, nicht in wenigen Tagen vernichten, sagte Macron. Es brauche einen langen Atem.
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