Ziemlich unqualifizierter Beitrag jetzt, pardon: Kann mich blaß erinnern, irgendwas mit Palästinenserjungen angelesen zu haben - vielleicht war es auch ein jüdischer, indischer oder afghanischer, aber beim dritten Satz wurde es mir zu perfekt sahnig. Vielleicht war es auch der Anfang einer anderen Story oder noch einer.
Wenn es anfängt, schmalzig zu werden, also sachte gleich zu Beginn eine gefühlsmäßige Spannung aufgebaut wird, damit man weiterliest, ist das die Verführung der Kuh aufs Glatteis. Das geschieht beachtlich einfühlsam. Kaum eine Kuh bemerkt das und wenn sie dann tatsächlich merkt, dass sie Eis unter den Füßen hat, ist sie eben schon drauf.
Es braucht dann noch einen Schritt - nicht bis sie ausrutscht, also physisch - sondern mental, damit sie merkt, daß da gar kein Eis ist.
Herr Relotius beherrscht die Klaviatur der Faszination des Textes und ist deshalb von fachkundigen Presseleuten preisgekrönt. Seine Abnehmer zunächst bei den renommierten Zeitungsverlagen und dann bei deren Lesern bestätigen die Qualität seiner Arbeit, wenn man es so nennen darf. Jedenfalls kam er den Erwartungen beider entgegen und das sollte sich für ihn auszahlen.
Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.