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The Chernobyl Diaries
#11

Am Ort des Geschehens. Heute Vormittag waren wir bei Reaktorblock Nr. 4. Die Schutzhülle glänzt silbern in der Sonne, es ist sehr still. Die neue Hülle kostete über eine Milliarde Euro und wurde von diversen europäischen Staaten mitfinanziert. Die kriegsgeschwächte Ukraine hätte das nicht alleine stemmen können. Nähert man sich dem Block, steigt der Strahlungswert auf rd. 2,1 µSv/h. Ungefährlich, aber 20 mal mehr als an nicht belasteten Orten. Keiner der Reaktorblöcke arbeitet mehr, aber aus dem Reaktor Nr. 4 dringt ein leises Summen, wie bei einem E-Werk. Ansonsten ist es auffällig still. Es sollen noch 1.500 Leute im Inneren arbeiten, immer in Schichten zu 90 Minuten. Am unvollendeten Reaktorblock Nr. 5 stehen noch immer die Baukräne von 1986.

Noch ein Wort zur Dekontamination: Seit der Katastrophe wurden nur die Plätze und Bereiche dekontaminiert, die wirklich benötigt wurden. D. h. die Strahlung steigt nicht linear, je näher man sich dem Reaktor nähert, sondern ähnelt einem Fleckenteppich. Auf dem Weg zum Reaktor gibt es Waldstücke, die noch immer so verstrahlt sind, dass ein längerer Aufenthalt dort tödlich wäre. Wir sind mit dem KFZ an so einem Waldstück vorbeigefahren, die Geigerzähler spielten im Fahrzeuginneren (!) verrückt. Aussteigen in solchen Gebieten ist streng verboten (und wäre auch ziemlich dumm). Hinterher haben wir uns gefragt, was im Falle einer Autopanne eigentlich passieren würde. Warum das so ist? Weil die Dekontaminierung sehr gefährlich ist und vermutlich weitere Strahlenopfer produzieren würde. Deshalb beschränkt man sich auf die "wichtigen" Gebiete und bereinigt dort evtl. noch vorhandene Hotspots. Was wichtig ist, entscheidet der ukrainische Staat.

Martin


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#12

Etwas abseits des Reaktors steht eine kleine Ausstellungsfläche mit den Robotern und Geräten, mit denen man 1986 vergeblich versucht hatte, das hochverstrahlte Dach von Reaktor 4 zu säubern. Aus heutiger Sicht wirken die Geräte eher putzig und hilflos. Jedes fiel natürlich kurz nach der Inbetriebnahme aus, keine Technik war und ist einer Strahlung gewachsen, die einer Hiroshima-Bombe entspricht. Gesäubert wurde das Dach letztendlich von hunderttausenden sog. "Liquidatoren", die in Schichten von 90 Sekunden (!) radioaktiven Müll vom Dach schaufelten.

Unten: Denkmal für die Feuerwehrleute, die als erste nach der Katastrophe am Reaktor waren und vergeblich versuchten, den atomaren Brand mit Wasser zu löschen. Leider sind alle kurz darauf verstorben, im Moskauer Krankenhaus Nr. 6. Das einzige, das damals auf Strahlenkrankheiten vorbereitet war.

Martin


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#13

Endlich - heute geht es nach Prybjat. Dieser Ort hat in mehrfacher Hinsicht Berühmtheit erlangt: Zum einen durch die Nähe zum AKW und zum anderen durch surreale Bilder des damals stattfindenden Volksfestes - vergleichbar mit einem kleinen "Plärrer". Der Ort hatte seinerzeit 50.000 Einwohner, heute ist er komplett menschenleer. Auch die Militärs meiden diesen Ort normalerweise. 

Interessantes Detail am Rande: Der rechte Fahrstreifen auf einem Stück der Straße ist gesperrt. Symbolisch steht das dafür, dass es niemals ein Zurück nach Prybjat geben wird.

Bilder: Stadtgrenze Prybiat, Verseuchtes Waldgebiet auf dem Weg nach Prybjat. Selbst an der Grenze des verseuchten Gebiets springt der Geigerzähler innerhalb kürzester Zeit auf 10 µSv/h, bleibt man länger stehen, steigt die Zahl kontinuierlich. Wir fahren besser weiter.


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#14

Das Schwimmbad von Prybjat. Damals ein Besuchermagnet und sozialistische Errungenschaft, heute nur noch wenig einladend. Immerhin, der Sprungturm steht noch. Sowie die Tür zu den Umkleiden und die unvermeidlichen sowjetischen Insignien.

Martin


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#15

Eine Schule in Prybjat. In den Klassenräumen stehen die Möbel noch wie vor 33 Jahren. Sogar ein Schulbuch für die deutsche Sprache ist vorhanden. In einem Raum liegen gefühlt tausende von verfallenen Kindergasmasken. Das ist wirklich gruselig. Hintergrund ist, so bekommen wir es erklärt, dass die Sowjetunion im kalten Krieg praktisch immer in Alarmbereitschaft war und die Schulen deshalb alle mit Gasmasken ausgestattet waren (Wieso hatten wir das damals nicht?). 

Martin


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#16

Eine Stadt wird vom Wald übernommen. Nur 16 Stockwerke zu Fuß und man genießt vom Dach eines Hochhauses eine traumhafte Aussicht über Prybjat mit Blick auf den Reaktor. Offenbar wurde damals stabil gebaut. 

Martin


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#17

Auch die Kraftfahrzeuge verlieren das Kräftemessen mit der Natur.

Martin


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#18

Der "Königsplatz" von Prybjat. Früher pulsierte hier das sozialistische Leben, heute gleicht es einem Drehort von "The Walking Dead".

Im Supermarkt sind noch die Wegweiser zu den Abteilungen zu sehen, vereinzelt stehen noch Einkaufswagen herum.

Martin


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#19

Zu den eindrucksvollsten Höhepunkten jeder Tschernobyl-Tour gehört zweifelsohne der Festplatz von Prybjat. Damals hat man noch zwei Tage lang versucht die Realität zu vertuschen (ja, so etwas gabs früher schon) und die Leute im Glauben gelassen, dass man alles im Griff hatte. Derweil strahlte Reaktor Nr. 4 mit 2.000 Röntgen/h (=ca. 20 Sv/h) vor sich hin. Bereits 8 Sv/h gelten als 100% tödlich. Als man schließlich das Ausmaß der Katastrophe begriff und zugeben musste, hat man überstürzt die Evakuierung begonnen. Den Leuten wurde gesagt, dass sie nur das mitnehmen sollen, was sie am Leib trugen und das sie bald wieder zurück könnten. Ein Versprechen, das bis heute nicht eingelöst werden konnte. Prybjat wird für die nächsten Jahrhunderte unbewohnbar bleiben.

Martin


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#20

Schlusswort. 

Obwohl wir doch schon viel von der Welt gesehen haben, hat uns selten eine Reise auf so vielfältige Weise beeindruckt wie Tschernobyl. Über die Tage avanciert man fast zwangsläufig zum Strahlungsexperten, lernt zwischen Alpha-, Beta- und Gammastrahlung zu unterscheiden, kann die Strahlungsmenge einordnen und entwickelt ein Auge für "Hotspots". Man steht mitten in der jüngeren Geschichte und erlebt die Geschehnisse vor seinem geistigen Auge nochmal mit.

Wieder sehr traurig, dass BB nicht mehr unter uns weilt. Seine launigen und kompetenten Kommentare fehlen mir bei einem solchen Thema besonders.

Dieser Reisereport wurde natürlich zeitlich versetzt erstellt, da es in der Umgebung von Tschernobyl bestenfalls E-Netz und kein DSL gibt. 

Im Anschluss haben wir noch ein paar Tage Kiew angehängt, um das Gesehene zu verdauen. Eine Wunderschöne Stadt, bestens zu empfehlen. Wem es gefallen hat, in einigen Wochen fliegen wir für ein paar Wochen nach Israel und reisen dort durchs Land. Danach werde ich hier wieder einen Reisebericht verfassen.

Martin


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