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NS-Strafverfolgung: Warum erst jetzt? - Druckversion

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NS-Strafverfolgung: Warum erst jetzt? - Klartexter - 07.10.2021

NS-Strafverfolgung: Warum erst jetzt? 

Die Frage darf man wohl mit Fug und Recht stellen. Da wird eine 95-jährige Frau angeklagt, weil sie dereinst als Sekretärin in einem KZ gearbeitet hat und damit also die Tötungen der Nazis indirekt unterstützt hat. Oder auch ein 100-jähriger Mann, der damals zur Wachmannschaft gehört hat, dem man zwar keine Straftat an sich nachweisen kann, aber es genügt hier ja schon die Mitgliedschaft in der Wachmannschaft. Wenn man mal die Vergangenheit betrachtet, in welcher Leute, die sich weit mehr schuldig gemacht haben im 3. Reich, dann in der BRD Karriere gemacht haben und oft nie für ihre Taten zur Verantwortung gezogen worden sind. Zum Beispiel Hans Filbinger, der als NSDAP-Mitglied und Richter an mindestens vier Todesurteilen in Verantwortung stand, der später sogar Ministerpräsident in Baden-Württemberg wurde, und der bis zu seinem Tod nie zur Verantwortung wegen seiner Tätigkeit im dritten Reich gezogen wurde.

Was soll es bringen, jetzt hochbetagte Greise in ein Verfahren zu zwingen, nur weil sie damals ihren Arbeitsplatz in einem KZ hatten? Welchem Recht soll denn hier noch Genüge getan werden? Den eigentlichen Tätern hat man fast nie den Prozess gemacht, getreu dem Motto: Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen. Mir fehlt jedes Verständnis für diese Verfahren, wenn überhaupt, dann hätten sie in den 50er Jahren stattfinden müssen, aber da hat es niemand interessiert.


RE: NS-Strafverfolgung: Warum erst jetzt? - Kreti u. Plethi - 08.10.2021

Kommt mir auch wie eine ziemlich sinnlose Showveranstaltung vor.

Mal zurückgedacht an die 50er, ziemlich unmöglich zu der Zeit solche Prozessen abzuhalten, da saßen noch viel zu viel auf Kohlen ob es sie selbst erwischen würde.
Auch in meiner Familie tat man sich noch verdammt schwer bei Erzählungen über "damals".
Wenn dann schimmerte entweder Glorifizierung oder selbst Opfer des Krieges gewesen durch, dass er von hier aus erst begonnen wurde totales Schweigen.
Das hatte sich selbst bis Ende der 60er kaum geändert und hätte sich vermutlich auch kaum, wenn nicht über die Biologie durch ableben.


RE: NS-Strafverfolgung: Warum erst jetzt? - Martin - 09.10.2021

(08.10.2021, 08:37)Kreti u. Plethi schrieb:  Kommt mir auch wie eine ziemlich sinnlose Showveranstaltung vor.

Show? Besser spät als nie. Bis in die 1970er saßen noch NS-Politiker in den Parlamenten, dann wurde das Thema verdrängt. 

Gut, dass Mord und Völkermord nicht verjährt!

Martin


RE: NS-Strafverfolgung: Warum erst jetzt? - nomoi III - 09.10.2021

(09.10.2021, 11:02)Martin schrieb:  Show? Besser spät als nie. Bis in die 1970er saßen noch NS-Politiker in den Parlamenten, dann wurde das Thema verdrängt. 

Gut, dass Mord und Völkermord nicht verjährt!

Martin

Show ist natürlich der falsche Begriff.

Hatte aber dieser Angeklagte damals als Soldat überhaupt die Möglichkeit, diesen Wachbefehl einfach so aufzugeben?

Nach meinem Wissenstand gab es damals auch kein Recht den Kriegsdienst zu verweigern.

In einem "normalen" NS-Konzentrationslager wurden die Häftlinge zunächst als Arbeitskräfte ausgenutzt.
Kam dann die Phase der schon absehbaren Erschöpfung, wurden diese ins Vernichtungslager transportiert/mussten diese "hinüber laufen."
Auch war doch automatisch eingeplant, dass eine erhebliche Zahl Inhaftierter durch Mangelernährung und qualvolle Schwerstarbeit hinweggerafft wird.

So bleibt für mich die Frage, hätte dieser Angeklagte verweigern können, hatte er eine Wahl in welchem Lager er seinen Dienst schob. Der Einsatz an dieser Stelle ist zumindest Beihilfe zum Mord, im "normalen" Lager wurde die Vorbereitung getroffen, dass der Inhaftierte durch Ausbeutung sterben musste.

So stellt Klartexter die richtige Frage:

Zitat:Was soll es bringen, jetzt hochbetagte Greise in ein Verfahren zu zwingen, nur weil sie damals ihren Arbeitsplatz in einem KZ hatten? 

Es wäre angebracht, den Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus (gibt es auch erst seit ca 25 Jahren) jeweils lauthals uns Deutschen und der internationalen Gesellschaft bewusst zu machen.


RE: NS-Strafverfolgung: Warum erst jetzt? - Kreti u. Plethi - 09.10.2021

(09.10.2021, 11:02)Martin schrieb:  Show? Besser spät als nie. Bis in die 1970er saßen noch NS-Politiker in den Parlamenten, dann wurde das Thema verdrängt. 

Gut, dass Mord und Völkermord nicht verjährt!

Martin

100 jährige?
Früher ja, aber sicher, nur einer starb jetzt schon bei den Ermittlungen mit 97, erlebte ergo nicht mal ein evtl. Prozess.
Was soll das jetzt noch bewirken?
Dass da zu lange geschlampt wurde und Leute wie Filbinger Ministerpräsident sein konnten ist nicht akzeptabel, da bin ich völlig bei Ihnen.


RE: NS-Strafverfolgung: Warum erst jetzt? - Kreti u. Plethi - 09.10.2021

(09.10.2021, 13:02)nomoi III schrieb:  ................


Es wäre angebracht, den Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus (gibt es auch erst seit ca 25 Jahren) jeweils lauthals uns Deutschen und der internationalen Gesellschaft bewusst zu machen.

So ist es, aber dann auch alle Opfer, denn Opfer von Diktaturen sind immer auch genug derjenigen die in selbiger leben mussten.

Schlimm genug, dass man die nicht zur Verantwortung gezogen hat, die diverse Dinge durchaus ablehnen oder beeinflussen konnten ohne eigenen größeren Schaden
Jetzt aber die vor Gericht zu zerren, die am untersten Rand mit sehr wenig Einfluss standen, wie eine Sekretärin?
Zumal sie großenteils eh nur noch zufällig leben, oder eben den Prozess zuweilen gar nicht mehr erleben.
Da drängt sich mir der Begriff Show schon auf, ob nun für andere passend oder nicht.


RE: NS-Strafverfolgung: Warum erst jetzt? - Martin - 09.10.2021

(09.10.2021, 13:26)Kreti u. Plethi schrieb:  Da drängt sich mir der Begriff Show schon auf, ob nun für andere passend oder nicht.

Klingt etwas zu sehr nach "Schlussstrich ziehen", das sollten Sie der anderen Seite des politischen Spektrums überlassen.

Martin


RE: NS-Strafverfolgung: Warum erst jetzt? - nomoi III - 09.10.2021

(09.10.2021, 13:26)Kreti u. Plethi schrieb:  So ist es, aber dann auch alle Opfer, denn Opfer von Diktaturen sind immer auch genug derjenigen die in selbiger leben mussten.

......
Fett von mir

In D. sollen für die Opfer einer Diktatur z. B. in Äquatorialguinea, (wo ischn des ..) zumindest ein Gedenktag eingerichtet werden?  
Wir benötigen doch das Öl von dort.    Huh


RE: NS-Strafverfolgung: Warum erst jetzt? - Kreti u. Plethi - 09.10.2021

(09.10.2021, 13:41)nomoi III schrieb:  Fett von mir

In D. sollen für die Opfer einer Diktatur z. B. in Äquatorialguinea, (wo ischn des ..) zumindest ein Gedenktag eingerichtet werden?  
Wir benötigen doch das Öl von dort.    Huh

Ging sie von dort aus oder von hier?
Es soll schließlich hier als Mahnung dienen.

Gedenktage gehören dort hin von wo die Diktaturen ausgingen und wenn man Opfer gedenkt dann bitte sämtlicher, auch denen die sich im Inland nicht mehr wehren konnten.
Ob nun Juden, Behinderte oder Zigeuner, genauso wie der offen und auch versteckte Widerstand, nicht jeder hatte den Mut zu artikulieren dass es ihm schon längst nicht mehr passt was da alles geschieht.

Spät erst erfuhr ich, dass es Oma in einer Munitionsfabrik besser gegangen wäre, aber sie ging zu einem Bauern die ganze Woche als Erntehelferin, weil sie das nicht mehr unterstützen wollte.
Sie war nur an Wochenende zu hause und Vater geb.1934 versorgte sich selbst und ging in die Schule.
In gewissem Sinne auch Opfer des Regimes, finde ich zumindest.


RE: NS-Strafverfolgung: Warum erst jetzt? - nomoi III - 09.10.2021

(09.10.2021, 14:16)Kreti u. Plethi schrieb:  Ging sie von dort aus oder von hier?
Es soll schließlich hier als Mahnung dienen.

Gedenktage gehören dort hin von wo die Diktaturen ausgingen und wenn man Opfer gedenkt dann bitte sämtlicher, auch denen die sich im Inland nicht mehr wehren konnten.
Ob nun Juden, Behinderte oder Zigeuner, genauso wie der offen und auch versteckte Widerstand, nicht jeder hatte den Mut zu artikulieren dass es ihm schon längst nicht mehr passt was da alles geschieht.

Spät erst erfuhr ich, dass es Oma in einer Munitionsfabrik besser gegangen wäre, aber sie ging zu einem Bauern die ganze Woche als Erntehelferin, weil sie das nicht mehr unterstützen wollte.
Sie war nur an Wochenende zu hause und Vater geb.1934 versorgte sich selbst und ging in die Schule.
In gewissem Sinne auch Opfer des Regimes, finde ich zumindest.

Klassischer Fall eines Vissmerständnisses.
Du schrubst : .... denn Opfer von Diktaturen.

Damit die Zehrmal solcher und in D. gab es zur fraglichen Zeit eben  diese und ich bin auf die Suche gegangen.
Für Oma und ähnliche  Schicksale ist es überhaupt nicht notwendig ein Denkmal zu errichten.
Weshalb es Oma in der Munitionsfabrik besser gegangen wäre, kann ich nicht nachvollziehen.

Aber dort hätte sie schwarze Finger bekommen, als Erntehelferin jedoch Rüben und auch gelegentlich Oar Eier, finde ich.