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Deutschland und die Digitalisierung - Druckversion

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Deutschland und die Digitalisierung - Kreti u. Plethi - 21.05.2021

Warum die Digitalisierung in Deutschland scheitert.


Zitat:Eine ernsthafte Digitalisierung wird daher nur dann gelingen, wenn wir den Staat nicht zuerst als Verteidiger bestehender Rechte und Ansprüche definieren, sondern als eine Institution, die ihren Bürgern gegenüber Leistungen erbringen muss: Ausbildung, Gesundheit, Verkehr, Soziale Sicherung, Umwelt- und Klimaschutz, Schutz vor Kriminalität und vieles mehr. Diese Leistungen können kontinuierlich besser werden, wenn das Ziel der Leistungen und ihrer Verbesserung Priorität besitzt vor den Ansprüchen von Partikularinteressen und den Zwängen bestehender Regularien.
Lesenswerter Artikel zur Digitalisierung und den Hemmschuhen des demokratischen Gemeinwesens.

Der Vorteil der Transparenz wird dabei allzu oft außer Acht gelassen.
Fehler wie die Berechnung des Infraschalls bei Windrädern würde etwa viel schneller auffallen.
Sicher ist etwa Wikipedia nicht perfekt, allerdings ist die Technik und Transparenz dazu in der Lage weit schneller zu verbessern.

Makronom 


RE: Deutschland und die Digitalisierung - Martin - 21.05.2021

(21.05.2021, 09:52)Kreti u. Plethi schrieb:  Warum die Digitalisierung in Deutschland scheitert.

Ein paar Hauptgründe:

1) Frequenzen werden nicht kostenlos freigegeben, sondern für Milliarden versteigert. Das Geld fehlt hinterher beim Ausbau der Infrastruktur, die Verträge für die Verbraucher sind im internationalen Vergleich unglaublich teuer. So ist sichergestellt, dass die Netzabdeckung auch weiterhin ungenügend und obendrein teuer bleibt.

2) Digitalisierung wird noch immer nicht als Daseinsvorsorge für die Zukunft betrachtet, sondern als Profitcenter. Deshalb stockt der Ausbau von Glasfasernetzen und es fließt weiter Geld in die veraltete und langsame VDSL-Technologie, weil sich damit mehr Gewinn generieren lässt.

3) Das Internet wird im politischen Deutschland noch immer als "Neuland" (Merkel) betrachtet, Politiker kokettieren öffentlich damit, keine Social-Media Accounts zu besitzen. Mit dieser Denkweise wird es schwierig, Impulse für die Digitalisierung zu setzen. Zugleich wird das Internet als Bedrohung angesehen, weil es, im Gegensatz zu den klassischen Medien, juristisch schwer zu fassen ist und prinzipiell jede Meinung Gehör finden kann.

Martin


RE: Deutschland und die Digitalisierung - Kreti u. Plethi - 21.05.2021

(21.05.2021, 10:10)Martin schrieb:  Ein paar Hauptgründe:

1) Frequenzen werden nicht kostenlos freigegeben, sondern für Milliarden versteigert. Das Geld fehlt hinterher beim Ausbau der Infrastruktur, die Verträge für die Verbraucher sind im internationalen Vergleich unglaublich teuer. So ist sichergestellt, dass die Netzabdeckung auch weiterhin ungenügend und obendrein teuer bleibt.

2) Digitalisierung wird noch immer nicht als Daseinsvorsorge für die Zukunft betrachtet, sondern als Profitcenter. Deshalb stockt der Ausbau von Glasfasernetzen und es fließt weiter Geld in die veraltete und langsame VDSL-Technologie, weil sich damit mehr Gewinn generieren lässt.

3) Das Internet wird im politischen Deutschland noch immer als "Neuland" (Merkel) betrachtet, Politiker kokettieren öffentlich damit, keine Social-Media Accounts zu besitzen. Mit dieser Denkweise wird es schwierig, Impulse für die Digitalisierung zu setzen. Zugleich wird das Internet als Bedrohung angesehen, weil es, im Gegensatz zu den klassischen Medien, juristisch schwer zu fassen ist und prinzipiell jede Meinung Gehör finden kann.

Martin
In dem Artikel geht es gar nicht so sehr um die private Nutzung und Möglichkeit sondern um die des Staatswesens.
Natürlich muss die Technik dafür auch vorhanden sein.

Wenn ich mir allein die Kommunen ansehe bei denen man Behördengänge über Verifizierung mit Ausweis App2 vereinfachen könnte, sie sind dort kaum vorhanden als Teilnehmer.
Einzig bei der DRV ist fast alles möglich, gut Rentenantrag stellen über das Portal können kaum die Mitarbeiter selbst, das macht man besser auf der Gemeinde mit vorherigen Anruf.
Da beißen sich die Anforderungen von Leuten die ständig damit umgehen und Leute die es nur einmal im Leben brauchen, zu komplex verwirrend und ständig im "Urwald".

Was mich zum nächsten Problem bringt, Schulbildung und Berufsausbildungen sind einigermaßen implementiert, aber diejenigen die mit der neuen Technik umgehen sollten wurden ziemlich allein gelassen, von wegen vernünftige Anwenderschulung.
Ein ganze Generation sah und sieht sich einer extrem schnellen Entwicklung gegenüber deren Aneignung ihr selber überlassen wurde. die nachkommende ist da etwas besser gerüstet.
Allein was ich in Kliniken erleben musste bei Einführungen der EDV stellte sich schlicht so dar, dass mit der einstündigen Einführung die Anwender ins Wasser geworfen wurden und ganz ehrlich ohne die damaligen vielen Zivis würde teilweise heute noch nichts funktionieren.


RE: Deutschland und die Digitalisierung - Martin - 21.05.2021

(21.05.2021, 10:29)Kreti u. Plethi schrieb:  In dem Artikel geht es gar nicht so sehr um die private Nutzung und Möglichkeit sondern um die des Staatswesens.
Natürlich muss die Technik dafür auch vorhanden sein.

Wenn ich mir allein die Kommunen ansehe bei denen man Behördengänge über Verifizierung mit Ausweis App2 vereinfachen könnte, sie sind dort kaum vorhanden als Teilnehmer.
Einzig bei der DRV ist fast alles möglich, gut Rentenantrag stellen über das Portal können kaum die Mitarbeiter selbst, das macht man besser auf der Gemeinde mit vorherigen Anruf.
Da beißen sich die Anforderungen von Leuten die ständig damit umgehen und Leute die es nur einmal im Leben brauchen, zu komplex verwirrend und ständig im "Urwald".

Was mich zum nächsten Problem bringt, Schulbildung und Berufsausbildungen sind einigermaßen implementiert, aber diejenigen die mit der neuen Technik umgehen sollten wurden ziemlich allein gelassen, von wegen vernünftige Anwenderschulung.
Ein ganze Generation sah und sieht sich einer extrem schnellen Entwicklung gegenüber deren Aneignung ihr selber überlassen wurde. die nachkommende ist da etwas besser gerüstet.
Allein was ich in Kliniken erleben musste bei Einführungen der EDV stellte sich schlicht so dar, dass mit der einstündigen Einführung die Anwender ins Wasser geworfen wurden und ganz ehrlich ohne die damaligen vielen Zivis würde teilweise heute noch nichts funktionieren.

Zum Glück hat der Normalbürger mit den Behörden relativ wenig zu tun. Vor kurzem benötigte ich aktuelle Grundwerte von bestimmten Flurstücken wegen einer steuerlichen Geschichte. Geht über ein propritäres Verfahren ("Boris") gegen eine saftige Gebühr oder man trabt zu Fuß in die Behörde und schreibt die Daten ab. Ein Foto von der entsprechenden Seite (tatsächlich ein Buch in Papierform!) ist nicht erlaubt. Die Gebühren sind auch noch von Stadt zu Stadt unterschiedlich, so dass man im Verhältnis zum Informationsgehalt richtig Kohle abdrücken muss.

Mir ist nicht klar, weshalb für diese und andere Informationen einzelne, propritäre Verfahren existieren, für die man sich einzeln registrieren muss und die zu dem noch kostenpflichtig sind. Ein richtiger Fleckenteppich an zusammengeschusterten Verfahren mit einem Look&Feel von 1998.

Ein aktuelles, trauriges Beispiel ist auch die Corona-App. Wo andere Länder mit einem Bruchteil des Budgets wesentlich bessere Apps geschaffen haben, wurden bei uns 18 (!) Millionen in eine nutzlose App versenkt. Vermutlich werden in absehbarer Zeit ein paar beteiligte Politiker Aufsichtsratsposten bei Telekom oder SAP einnehmen.

Martin