Treffpunkt Königsplatz

Normale Version: Verkehrungen ins Gegenteil oder: die Karnevalisierung der Politik
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PuK

Zitat:Beginnen wir mit einem der nervtö­ten­dsten Umbenen­nungs­ver­suche der letzten Jahre, der Mobili­sie­rung des ‚Gutmen­schen‘ als Bösen. Mit einem verdrehten Nietz­sche­zitat könnte man dessen Werde­gang ungefähr so beschreiben: Der Mensch von heute erfindet nicht den ‚Bösen‘ als Feind, sondern den ‚Guten‘ – „und zwar als Grund­be­griff, von dem aus er sich als Nachbild und Gegen­stück nun auch noch einen ‚Bösen‘ ausdenkt – sich selbst!“ Sich selbst als ‚böse‘ zu dekla­rieren, funktio­niert natür­lich nur, weil ‚böse‘ ebenfalls neu kodiert wird: ‚böse‘ meint nun neu ‚realis­tisch‘, ‚Klartext redend‘, ‚Sprech-Tabus-brechend‘, ‚nicht naiv‘, nicht ‚politisch korrekt‘. So kann der neue ‚Böse‘ – aufgrund der termi­no­lo­gi­schen Verdre­hung – der einzige ‚Gute‘ bleiben, und zwar als schlauer, als echter Kerl und als jener, der die angeb­liche Falsch­heit des ‚Guten‘ entlarven kann.

Das eigent­liche Ziel der Verkeh­rung besteht aller­dings darin, den ‚Gutmen­schen‘ als das eigent­lich linke Böse zu entlarven.

Quelle: Geschichte der Gegenwart

Und das ist nur der Anfang...

Warum ich das reingestellt habe?

Ich sag mal so. Die Autorin ist zweifellos wortmächtig. Aber ob sie das Ganze wirklich durchschaut hat, den trüben Inhalt des Glases bis runter zum ekligen Bodensatz, ist fraglich.

Die große Frage ist, ob sie tatsächlich durchschaut hat, wer wann mit der Begriffsverdrehung angefangen hat, und wer nur darauf reagiert.

Früher waren "Reformen" positiv besetzt, z.B. Wenn eine Reform kam, ging es den Leuten in den 1960ern und 70ern nach der Reform besser. Heute kann man sicher davon ausgehen, dass es einem schlechter gehen wird durch die angekündigte "Reform". Weil "Reform" irgendwann, Mitte der 1980er vermutlich, umdefiniert wurde. Eine "Reform" bezeichnete ab jetzt ein Maßnahmenbündel zum Nachteil des gemeinen Bürgers, nicht mehr eines zu seinem Vorteil.

Und genau dieses Grundproblem hat die Autorin meiner Ansicht nach nicht erkannt. Man nennt das auch "Betriebsblindheit". Was sie schreibt, ist zweifellos alles richtig und auch gut formuliert. Nur fehlt ein wesentliches Stück in ihrer Darstellung.

Das wirklich Üble, auch für den PuK persönlich, übrigens, an der ganzen Sache ist, dass dadurch die Revoluzzer von gestern die Erzreaktionäre von heute sind. Und ich wollte ja eigentlich nie reaktionär sein, und plötzlich bin ich es. Das ist voll gemein, das hätte nicht passieren dürfen.