Treffpunkt Königsplatz

Ein neues Buch ist erschienen, es wird heute in den NachDenkSeiten vorgestellt.

"Die Zahlentrickser" – oder wie der Statistikprofessor Gerd Bosbach Lobbyisten und Andere beim Produzieren von „Fake-News“ erwischt hat

Zitat:Viele dieser Tricksereien dürften uns allen schon einmal irgendwo begegnet sein. Ein prominentes Beispiel ist die „Pro-TTIP-Lüge“ von BDI und INSM. Auf dem Höhepunkt der Debatte um das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP erklärten die beiden Arbeitgeberorganisationen, dass die Wirtschaft Europas durch TTIP pro Jahr um 119 Milliarden Euro wachsen wird. Für jeden Vier-Personen-Haushalt ergebe sich dadurch ein zusätzliches Einkommen von 545 Euro jährlich. Die Zahlen waren maßlos übertrieben. Sie stammten aus dem Extremszenario einer Studie, die die EU-Kommission in Auftrag gegeben hatte. BDI und INSM hatten dies jedoch als gesicherte Prognose verkauft. (S.84f)
Eine weitere prominente Behauptung ist die, dass jeder siebte Arbeitsplatz in Deutschland direkt oder indirekt von der Automobilindustrie abhänge. Tatsächlich gibt es in der Automobilbranche einschließlich Zulieferbetriebe und Werkstätten rund 775.000 Arbeitsplätze. Bei 42 Millionen Erwerbstätigen ist dies lediglich jeder 55. Arbeitsplatz. Wem also nützt es, die wirtschaftliche Bedeutung der Automobilindustrie derart zu übertreiben? (S.179ff)
(...)
Weniger bekannt dürfte vielen aber die Rolle des früheren BA-Chefs Frank-Jürgen Weise sein. Dieser ist laut Bosbach nicht nur für das Schönfärben der Arbeitslosenzahlen verantwortlich, sondern hatte auch beim Herbeireden des Fachkräftemangels seine Finger im Spiel. Unter anderem prognostizierte er für die deutsche Wirtschaft eine Arbeitskräftelücke von sechs Millionen bis sieben Millionen Personen, was sich im Nachhinein als komplett haltlos herausstellte.
Bosbach fällt in diesem Zusammenhang ein hartes Urteil:

Zitat:„Das Ergebnis einer theoretischen Modellrechnung zu veröffentlichen, ist an sich keine Lüge. Zur Lüge wurde die Weise-Zahl als Weise und seine publizistischen Unterstützer diese Zahl ohne die zugrundeliegenden Annahmen als realistische Prognose für die deutsche Zukunft veröffentlichten und dazu benutzten, eine politische Droh- und Druckkulisse aufzubauen.“ (S.145)

Und es geht noch weiter mit Tricksereien bei Forsa und beim Statistischen Bundesamt ...
Was darf man eigentlich von offiziellen Verlautbarungen der Industrieverbände, der politisch geprägten Meinungsforschungsinstitute und der staatlichen Organe überhaupt noch glauben?

INSA ist auch nicht zu verachten, denn auch die kennen verblüffende Tricks.

Repräsentative Niedersachsen-Umfrage: Zusammen 65 % für Union und SPD, 7 % für die AfD. Also alles halb so schlimm, von einem Vertrauensverlust der Volksparteien kann nicht die Rede sein. Bis Sonntag, kurz nach 18 Uhr.

Das mit dem "Fachkräftemangel" ist aber bekannt. Erinnerlich tritt dieser ein, wenn weniger als 5 geeignete Bewerber auf eine Stelle treffen.

Und dann wird sich über "Echokammern" und "Fake News" beschwert, nachdem man regierungsseits die Leute jahrelang und hochoffiziell hinter die Fichte geführt und über jeden Tisch gezogen hat.

Martin